Stationen der Erinnerung in Neubau

Kandlgasse 44
Der Neubau hatte vor 1938 einen hohen Anteil an jüdischen EinwohnerInnen. 14,8 Prozent der BewohnerInnen war 1934 jüdisch und das jüdische Leben dort war für den Bezirk sehr prägend. Das wichtigste Bethaus war in der Schottenfeldgasse 60. Es wurde gemeinsam von jüdischen Menschen des 6. und 7. Bezirks genutzt.In der „Reichskristallnacht“ wurde es zerstört.
Der Neubau war zudem ein kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Wiens. Die zwei Hauptschlagadern waren die Mariahilferstraße mit dem Westbahnhof, der oft zum Ort des Abschieds wurde und die Neubaugasse. Die Neubaugasse war Film- und Kinozentrum, aber auch Geschäftsmeile. Im Neubau waren jedoch auch Hutmacher (80 Modistinnen waren dort gemeldet), Kürschner, Posamentierer (Posamenten sind Besatzartikel für Textilien), Seidenfabrikanten und Lederwarenfabrikanten beheimatet.
Viele bekannte jüdische Personen lebten bis zu ihrer Vertreibung oder Ermordung dort, unter anderem Karl Farkas, Ruth Klüger, Egon Friedell, Georg Kreisler, Fritz Kortner, Hans Weigel, Berthold Viertel, Fred Wander und Fritz Hochwälder.

Neubaugasse 23
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Wien änderte sich die Situation für die jüdische Bevölkerung drastisch. Die jüdischen EinwohnerInnen wurden ihrer Rechte, ihrer Würde und ihrer Habe beraubt. Viele von ihnen kamen in die Sammellager in der Kenyongasse 4 und 7 bzw. im ehemaligen Bezirksgericht Neubau Burggasse 69. Innerhalb kurzer Zeit wurden sie entweder vertrieben oder ermordet; 950 Menschen aus dem Neubau fielen der Vernichtung zum Opfer.
Im Jahr 2009 haben wir bereits zwei Stationen der Erinnerung auf Wunsch von Angehörigen gesetzt. Dieses Jahr folgte eine weitere in der Neubaugasse 21.
Quelle: Seeber, Ursula/ Mayr, Brigitte/Omasta, Michael. Westend Stories: Erinnerungen und Texte aus Wien VII. 2009. S. 7-9.