Eröffnung einer „Station der Erinnerung“ in der Neubaugasse 21

Am 7. Mai 2010 fand im Neubau die Eröffnung der dritten Station der Erinnerung statt. Es wurde Basche, Chane und Josef Gelber gedacht, die bis zu ihrer Deportation in diesem Haus gewohnt hatten. Eine große Zahl an Familienmitgliedern traf aus der ganzen Welt in Wien zusammen. Judith Gordon und ihr Bruder Paul kamen mit ihren Familien aus England und den USA. Ein Urenkel reiste aus dem Kongo an.

Die stellvertretende Bezirksvorsteherin Madeleine Reiser hielt eine Rede auf Deutsch und Englisch. Sie sprach über das vielfältige Miteinander von Juden und Nichtjuden im Neubau. Vor 1938 hatte es ein reges jüdisches Leben gegeben, das den Bezirk prägte. Sie drückte jedoch auch ihre Überzeugung aus, dass jeder und jede BewohnerIn Wiens sich mit der Vergangenheit, die lange ignoriert wurde, auseinandersetzen soll. Im Besonderen dankte sie den Nachfahren der Familie Gelber für ihr Kommen und würdigte ihre ermordeten Verwandten.

Elisabeth Ben David-Hindler sprach in ihrer Rede über die Arbeit des Vereins Steine der Erinnerung. Sie sprach ebenfalls auf Deutsch und Englisch und erzählte über die Ziele des Vereins, über dessen Mitglieder und die ehrenamtliche Tätigkeit von vielen WienerInnen. Auch der derzeitige Mieter der ehemaligen Wohnung von Familie Gelber kam zur feierlichen Eröffnung. Er hat sich bereit erklärt, den Stein zu reinigen. Er lud die Familie zudem ein, die Wohnung zu besichtigen.

Als Vertreterin der Familie Gelber hielt Judith Gordon eine Ansprache, in der sie die Geschichte ihrer Familie erzählte. Basche Gelber, ihre Großmutter, und deren Kinder Josef, Chane und Zofia Gelber lebten nach ihrer Migration aus Polen im Haus Neubaugasse 17. Die ganze Familie nahm viel am kulturellen und gesellschaftlichen Leben Wiens teil. Sie gingen ins Burgtheater, lasen Schiller und Goethe und wanderten im Wienerwald. Mit dem Einmarsch der Nazis nahm dieses Leben ein Ende. 1939 wurde Josef deportiert und im Jahr darauf auch Basche und Chane. Zofia gelang die Flucht nach England. Es war sehr lange nicht klar, was mit Paul und Breine – Josefs Sohn und seiner Frau – passiert war. Judith Gordons Teil der Familie nahm an, dass sie tot wären. Erst vor wenigen Monaten entdeckte sie im Lauf ihrer Recherchen, dass die Familie in den USA lebt. Sie werden zum ersten Mal im Juni zusammen kommen.

SchülerInnen der SchülerInnenschule im WUK hatten eigens für die Eröffnung Texte vorbereitet, die von einem Schüler auf Englisch und von einer Schülerin auf Deutsch vorgetragen wurden. Sie drückten darin ihr Bedauern aus, dass die Familie so viel Leid erfahren musste und ihre Freude, dass es diesen Gedenkstein nun gibt. Sie hatten Flieder mitgebracht, den sie rund um den Stein legten. Judith Gordon erzählte, dass dies die Lieblingsblumen ihrer Mutter waren.