5. Teil des Wegs der Erinnerung durch die Leopoldstadt

Am 2. Mai 2010 fand die Eröffnung des 5. Teils des Wegs der Erinnerung durch die Leopoldstadt am Karmelitermarkt statt. Es nahmen sowohl viele interessierte Wienerinnen und Wiener als auch Angehörige aus anderen Ländern daran teil. Es kamen Familienmitglieder aus den USA, Australien, England und Israel.

Das Programm wurde von Peter Mlczoch von der Gebietsbetreuung im 2. Bezirk moderiert. Die meisten Reden wurden auf Grund der vielen ausländischen BesucherInnen teils auf Deutsch, teils auf Englisch gehalten.

Paul Chaim Eisenberg, Oberrabbiner der israelitischen Kultusgemeinde in Wien hielt spontan eine Rede, in der er die große Bedeutung der Beteiligung von jüdischen und nichtjüdischen ÖsterreicherInnen an der Eröffnung unterstrich.

Die Wiener Gemeinderatsabgeordnete Sonja Kato überbrachte Grüße des Bürgermeisters. Als Anrainerin liegt ihr dieses Projekt sehr am Herzen.

Der Leopoldstädter Bezirksrat Peter Dachsbacher sprach über die Bedeutung des Erinnerns in Österreich und drückte seine Freude darüber aus, dass die Bezirksvorstehung das Projekt schon seit seiner Gründungszeit unterstützt.

Peter Schwarz von ESRA unterstrich die Bedeutung des Gedenkens und die Anerkennung des Erlittenen für die Aufarbeitung von traumatischen Erfahrungen.

Elisabeth Ben David-Hindler begrüßte alle Angehörigen persönlich und dankte allen UnterstützerInnen, Einzelpersonen sowie Institutionen, für ihren Beitrag:

„Wir schreiben gemeinsam Geschichte von unten“. Sie strich besonders die wertvolle Arbeit von Einzelinitiativen der HausbewohnerInnen hervor. Sie schloss mit der Erinnerung an ihre Großeltern: „Sie stehen hinter uns. Sie sind sehr stolz auf uns und sie wünschen uns, dass wir glücklich sind.“

Im Anschluss sprachen dann mehrere Angehörige. Rachel Berger aus Israel sprach über die Verbindung zu ihrem Heimatland. Jane und Rose Merkin aus England, die ihrer Großeltern und eines Onkels gedachten, betonten die Aktualität von Ausgrenzung in unserer heutigen Zeit.

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Waltraud Barton (links im Bild) ist eine Initiatorin aus Wien, die mehrere Steine finanziert hat. Sie sprach über Malwine Barton, für die sie den ersten Stein initiierte und über ihr eigenes Engagement im Bereich Erinnerungsarbeit.

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Zeev Engler aus Israel gedachte seines Großvaters. Er erzählte von seiner Flucht nach Palästina, die er als Kind mit seiner Mutter antreten musste. Die Veranstaltung wurde mit jiddischen und hebräischen Liedern vom Trio Esther Jelinek, Christoph Kögler und Daliah Hindler umrahmt. An der anschließenden Begehung der neuen Stationen nahmen sehr viele Menschen teil.

Kevin Davidson (auf dem Foto mit Jane und Ros Merkin) war aus Australien gekommen, um seiner Großeltern und seines Onkels zu gedenken, der als Kleinkind ermordet worden ist. Er strich heraus, wie schwer es für seine Mutter und seine Tante, damals Kinder, gewesen sein muss, ihre Eltern zu verlassen und wie traurig für seine Großeltern, sie gehen zu lassen.

Rachel Berger widmete in der Floßgasse 9 ihrer Mutter ein Muttertagsgedicht und Herr Engler sprach den Kaddisch, das Totengebet für ihre Familie und die Familie Ranzenhofer.

Thea Valman würdigte ihre Großtante in der Franz Hochedlingergasse 4. „Alle meine Familienmitglieder haben ein Grab irgendwo in der Welt. Nur sie nicht. Ich bin die einzige, die sich noch an sie erinnert.“ Walter Grunwald, der mit 90 Jahren aus den USA nach Wien gekommen war, bezauberte alle mit seinen lebhaften Erinnerungen an seine Kindheit und das elterliche Kaffeehaus in der Hollandstraße 8.

Am Nachmittag gab es eine weitere ergreifende Begehung. Hans Fleischner gedachte seines Großvaters Markus Fleischner. Edith Breskin und Kurt Eichner waren mit Kindern und Enkelkindern aus England gekommen, um der Mutter und der Tante eine würdige Feier zu bereiten.

Sie waren aus dem Haus Große Mohrengasse 38 deportiert worden.
Zeev und Uri Engler aus Israel gedachten in der Blumauergasse 22 ihres Großvaters. Zeev Engler hatte dort als Kleinkind gewohnt. Die beiden Steine in der Großen Sperlgasse 28 waren von HausbewohnerInnen für zwei Familien initiiert worden, die vermeintlich keine überlebenden Angehörigen hatten. Welch schöne Überraschung war es für Frank Feiner, der vor zwei Jahren einen Stein für seine Großeltern gesetzt hat, dass einer der beiden Steine der Schwester dieses Großvaters gewidmet war. Mittlerweile war er auch schon bei den InitiatorInnen eingeladen.

Den Abschluss bildete eine wunderbare Feier in der Schwarzingergasse 2. Drei Hausbewohnerinnen hatten eine umfangreiche Recherche über die ehemaligen jüdischen Familien durchgeführt.

Die große Gruppe von Menschen, die auch am Nachmittag an der Begehung teilnahmen, kam in den Genuss einer ergreifenden musikalischen Performance. Elisabeth Neske (Cello) und Johanna von der Deken (Gesang) trugen ein von E. Neske vertontes Gedicht von Paul Celan vor. Anschließend lud die Besitzerin der Pizzeria Mari die Gruppe auf ein Glas Wein ein.