Lili Grün-Platz

 

Nur das Wetter spielte nicht ganz mit, als am 14. Mai 2009 im Rahmen eines kleinen Festaktes die offizielle „Einweihung” des Lili-Grün-Platzes (beim Augarten, Ecke Klanggasse, verlängerte Heinestraße) erfolgte. Aber trotz Dauerregens und frostiger Temperaturen harrten über 40 TeilnehmerInnen interessiert aus, um auf diese Weise das Gedenken Lili Grüns zu ehren.

Die Initiative zu dieser Platzbenennung hängt eng mit der Tätigkeit des Vereins „Steine der Erinnerung” zusammen: Als Dr. Elisabeth Ben-David-Hindler im März 2008 bei einer Veranstaltung im Literaturbuffet erwähnte, dass für einige Gedenksteine noch Patenschaften fehlten, entschlossen sich Andrea und Kurt Lhotzky vom „Literaturbuffet” spontan, die Patenschaft für eine Tafel zur Erinnerung an eine von den Nazis ermordete Schriftstellerin zu übernehmen. Die Wahl fiel damals zufällig auf Lili Grün.

Die Betreiber der Buchhandlung in der Rotensterngasse wollten sich aber nicht damit zufrieden geben, bloß die Kosten für die Gedenktafel zu tragen – sie wollten auch einen Beitrag leisten, Leben und Werk der im Mai 1942 in der Nähe von Minsk ermordeten Lili Grün dem Vergessen zu entreissen. In einem Brief an die Bezirksvorstehung schlugen sie daher vor, einen Platz oder eine Gasse nach der Schriftstellerin zu benennen. Im Herbst vergangenen Jahres fasste dann die Bezirksvertretung (gegen die Stimmen der freiheitlichen Fraktion) einen entsprechenden Beschluss.

  • Bei der Eröffnungsfeier, die vom Vorsitzenden der Bezirkskulturkommission, Kresimir Mladensich, moderiert wurde, unterstrich Bezirksvorsteher Gerhard Kubik als erster Redner das besondere Interesse des Bezirks an der Pflege der jüdischen Traditionen der Leopoldstadt.
  • Dr. Elisabeth Ben-David-Hindler skizzierte kurz die Tätigkeit des Vereins „Steine der Erinnerung” und die Geschichte der Gedenksteine beim Wohnhaus von Jura Soyfer, die bewusst an vergessene jüdische Autorinnen erinnern sollen.
  • Univ. Prof. Dr. Murray Hall, der sich im Rahmen seiner Geschichte des Zsolnay-Verlages auch intensiv mit Lili Grün beschäftigt hatte, referierte kurz über Lili Grün als Jungautorin des renommierten Verlagshauses und die Versuche des Cheflektors, der an einer Lungenkrankheit leidenden Schriftstellerin zum Durchbruch zu verhelfen.
  • Kurt Lhotzky erzählte kurz, wie es zur Initiative zur Benennung des Platzes kam, und
  • Andrea Lhotzky verlas einen Brief der deutschen Germanistin Anke Heimberg, die gerade beim aviva-Verlag die Neuauflage des lange vergessenen Romans „Herz über Bord” von Lili Grün unter dem neuen Titel „Alles ist Jazz” betreut. Vor allem ist es Anke Heimberg auch gelungen, eine ganze Reihe biographischer Lücken zu schließen, die es bisher bezüglich des Lebens und Wirkens Lili Grüns gab.

Im Herbst 2009 hat Lhotzkys Literaturbuffet mit Unterstützung des Bezirks Lili Grüns Buch „Alles ist Jazz” präsentiert. Anke Heimberg ist dazu nach Wien gekommen und hat bei dieser Gelegenheit auch über ihre neuen Erkenntnisse über das Leben und Schicksal Lili Grüns berichtet. Diese Veranstaltung kann wohl mit Recht als zeitlich versetzter Teil des Festaktes vom 14. Mai gesehen werden.

Kurt Lhotzky